Kirchenführer-Die Kirchen in der Prot. Pfarrei Rhodt u.R.
Der
Bau und die Ausstattung der Kirche
Franz
Xaver Portenlänger- in:
"DER
TURMHAHN", Speyer 1989 (vergriffen)
Weit überragen der spitze Turm und das breite Dach der Kirche
von Rhodt den wohlhabenden Ort und die Weinberge. Die
Kirche von Rhodt ist ein markantes Wahrzeichen vor den
waldigen Höhen der Haardt. Die hochgelegene Rietburg und die
unterhalb weithin leuchtende klassizistische Villa Ludwigshöhe,
der Sommersitz König Ludwig 1. von Bayern in der Pfalz, sind
wichtige geschichtliche Zeugnisse in der Umgebung von Rhodt.
Aus der Zeit der späten Gotik, in der am Oberrhein vor allem
am Straßburger Münster gebaut wurde und in der in den
damaligen pfälzischen Gebieten die Schloßkirche von
Meisenheim als Grablege der Wittelsbacher Herzöge von
Zweibrücken entstand, stammen der Turm und vermauerte
Architekturteile. Der Pfälzische Erbfolgekrieg (1685-1697) hat
neben dem Dreißigjährigen Krieg am schlimmsten diesem
fruchtbaren Land an der Haardt zugesetzt. So mußten im 18.
Jahrhundert zahlreiche Orte neugebaut und Kirchen erneuert
werden. Die Kirche von Rhodt zählt zu den frühen Bauten des
18. Jahrhunderts. Die lutherische Konfession des Ortes und die
Baupflicht des Speyerer Domkapitels wiesen auf das Vorbild
der damals nach der Totalzerstörung der Stadt Speyer im Jahre
1689 entstandenen Dreifaltigkeitskirche. Sie wurde für die
Pfarrkirche von Rhodt in vielerlei Hinsicht das Vorbild. Doch
seien zuerst die spätgotischen Teile behandelt.
Spätgotik
Von der spätgotischen Kirche in Rhodt haben sich der Turm mit
einem stabwerkgeschmückten Portal und Kreuzrippen in zwei
Geschossen mit Schlußsteinen erhalten. Maßwerkfenster sind in
den Quadermauern aus Sandstein eingelassen. Am barocken
Kirchenbau sind an der Südostwand ein Dreipaß und eine
Rundscheibe mit drei Seseln erhalten.
Das breite Portal wird von einem spitzbogigen Rahmen
umgeben, der an der Stirnseite abgeplattet ist. Der Hauptakzent
wird auf einen von Stäben eingefaßten stark plastischen
Rahmenwulst gelegt, der seitlich einerseits nach oben strebt,
andrerseits parallel zur breiten spitzbogigen Portalöffnung
verläuft. Er überschneidet sich und läuft in zwei Profilen in den
äußeren Rahmen aus. Die seitlichen abgeschrägten Sockel
knicken in halber Höhe um.
Das Kreuzrippengewölbe im Untergeschoß des Kirchturmes ist
an den Seiten abgeschrägt und vorne abgeplattet. Die Rippen
enden spitz in den Ecken des Turmraumes. Der Schlußstein
weist einen Schild mit der Jahreszahl 1481 auf.
Die spätgotische Pfarrkirche, ein
Werk aus dem frühen Umkreis des
Philipp von Gmünd ?
Die Formen des Rhodter Portals finden wir in sehr ähnlicher
Weise an dem Portal in der Stützmauer unter dem Chor der
Schloßkirche von Meisenheim am Glan. Verwandt ist das Portal
am Turm der Pfarrkirche von Frankweiler.
Die Schloßkirche von Meisenheim ist 1479 bis 1504 errichtet
worden. Friedhelm Fischer hat der Meisenheimer Schule ein
umfangreiches Kapitel gewidmet. Der fürstliche Bauherr in
Meisenheim war Ludwig der Schwarze (1424- 1489) von Pfalz-
Zweibrücken.
Der ganze Kirchenbau in Meisenheim einschließlich des Turmes
wurde nach 1479 in rascher und kontinuierlicher Bauführung
errichtet. Den Beginn der Bauarbeiten wird man nicht vor
Frühjahr 1480 ansetzen können. Um 1485 war der Bau in
vollem Gange. Die entscheidende Bautätigkeit fand zwischen
1479 und 1503 statt. Der Hauptbautrupp wurde wahrscheinlich
bereits 1496 nach Zweibrücken zum Bau der dortigen
Alexanderkirche beordert.
Der Meisenheimer Meister namens Philipp war vor allem mit
der Frankfurter und mit der Kölner Dombauhütte verbunden.
Philipp von Gmünd, genannt Hünermenger wurde in Frankfurt
geboren, lernte vermutlich in der Bauhütte des Pfarrturms
(des Frankfurter "Doms"). Seit 1482 ist Philipp in
Meisenheim nachweisbar. Unter dem Nachfolger Ludwigs des
Schwarzen Herzog Alexander vollendete Philipp die
Meisenheimer Kirche und errichtete die Alexanderkirche in
Zweibrücken. Er verstarb 1523. In der Südpfalz, so weist
Fischer hin, gibt es in Freckenfeld einen Chor mit gleichem
Rippensystem wie in Monzingen und ähnlichem Grundriß.
Auch in Billigheim scheinen nach 1500 Werkleute Herzog
Alexanders gearbeitet zu haben . Der Turm von Frankweiler und
die Chöre von Annweiler und Niederhorbach gehören zu den
mit Rhodt verwandten Bauten.
Aus den noch bestehenden Formen des gotischen Baues in
Rhodt unter Rietburg lassen sich zum Formenkreis des Philipp
von Gmünd Querverbindungen ziehen, so daß auch hier
Bauleute aus diesem Umkreis gearbeitet haben dürften.
Die Ausstattung der gotischen Kirche
H. W. J. Runck erwähnt in seiner Geschichte Rhodts, daß sich
in der Sakristei einige Statuen und eine Muttergottes mit Kind
auf dem Arm befänden. Diese Figuren, eine Muttergottes auf
der Mondsichel, ein David und ein heiliger Georg wurden laut
Inventarband des Historischen Museums der Pfalz am 17. Juli
1901 dem Museum überlassen. Die Madonna von Rhodt unter
Rietburg befand sich ehemals im Hochaltar der Pfarrkirche. Sie
ist aus Nußbaumholz geschnitzt und um 1480 entstanden.
Stilistisch ist die Mutter-Gottes-Statue in die oberrheinische
Kunstlandschaft einzuordnen. Nächst verwandt ist die
Mondsichelmaria in der Pfarrkirche von St. Martin.
Die Mondsichel hat symbolischen Charakter. Sie ist ein Zeichen
des apokalyptischen Weibes, einer seit dem 12. Jahrhundert
häufig auf Maria bezogenen Gestalt, die am Himmel erschien,
mit der Sonne bekleidet, den Mond unter ihren Füßen, eine
Krone von 12 Sternen auf dem Haupt (Offenbarung 12, 1).
Die Statue (h: 188 cm) ist durch Wurmfraß stark beschädigt. Es
fehlen beim Kind die rechte Hand und der linke Arm, die rechte
Fußspitze der Madonna und die Spitzen der Mondsichel.
Im Historischen Museum der Pfalz in Speyer werden noch eine
Büste des Königs David und eine Statue des heiligen Georg
aufbewahrt. David entstand um 1480, besteht aus Lindenholz
und mißt in der Höhe 30 cm. Die kleine Büste, die auf dem
Kopf einen Hut trägt, hält ein Spruchband vor der Brust mit der
Aufschrift: David Miserere mei Deus. Der heilige Georg ist eine
55 cm hohe Statue aus Lindenholz. Die vollrunde kleine Figur
trägt einen begurteten Rock, Mantel und eine runde Mütze. Die
Hände könnten eine lange Stechwaffe getragen haben. Dies sind
die Reste der einstigen gotischen Ausstattung.
Die Zeit bis zum barocken
Neubau des Kirchenschiffes
Am 22. März 1570 starb Graf Jakob von Zweibrücken- Bitsch-
Lichtenberg-Ochsenstein, dem Rhodt vom Herzog von
Württemberg als Lehen gegeben war, ohne Nachkommen. Damit
fiel das Dorf wieder an Württemberg zurück.
Im Jahre 1570 wurde hier die Reformation nach dem Augsburger
Bekenntnis eingeführt. Rhodt blieb von 1570 bis zur Union
1818 lutherisch. Im Jahre 1606 entstand an der Nordostseite der
Kirche ein Anbau mit einem Treppenturm. Der Eingang ist von
gezierten Stäben umrahmt, die sich in den Ecken überschneiden
und unten in Voluten endigen.
1619 entstand der Taufstein. Nach Otto Böcher ist der jeweils
in ein frei schwebendes Blatt gebettete Gegenstand der
Kuppadekoration als Siegelring zu deuten. Nach Kor. 1, 21f.,
Eph. 1, 13f.; 4, 30 gilt die Taufe als Versiegelung mit dem hl.
Geist. Meiner Ansicht nach ist nur der untere Teil des
Taufsteins in die Zeit um 1600 anzusetzen. Der kuppeförmige
Teil mit dem Zinnbecken dürfte nicht gleichzeitig entstanden
sein: Dieses ist 1729 datiert und trägt folgende Inschrift: 1. Joh.
5, 7: Drei sind, die da zeugen auf Erden: der Geist und das
Wasser und das Blut und die drei sind beisammen. Rod under
Rippurg. Evang. Kirchengut. Was durch unsre Sünden verloren
gangen, das wird hier wieder eingesetzt. Anno 1729.
Besondere Bedeutung besitzt der pateneartige kleine und flache
Zinnteller von Rhodt. Er war ein Oblatenteller. In der Sammlung
der Pfälzischen Landesgewerbeanstalt Kaiserslautern ist der
gleiche Teller vorhanden. Die Mitte bildet das Reitermedaillon
Gustav Adolfs von Schweden (G A R S).
Am Rande begleiten weitere sechs reitende Feldherren in
Beschlagwerkkartuschen den Schwedenkönig. Ihre
Reiterbildnisse und Initialen lassen sie als Johann Georg
Churfürst zu Sachsen, Rheingraf Otto Ludwig, Gustav Horn,
Feldmarschall Schwedens, Axel Oxenstierna, Schwedens
Reichskanzler und Herzog Bernhard zu Sachsen-Weimar zu
erkennen.
Die größte der historischen Glocken goß 1519 Bonifatius Helig
von Baden. Sie hat den Ton Es'.
Pfarrer Kuby gab noch einige Baudaten zur Kirche, die hier regestenartig abgedruckt werden sollen.
1591 haben die Mauer in der Kirch, die den Turm und die
Kirche geschieden, ausbrechen und die Kirche weißen
lassen.
1674 wurde der Zugang zum Turm wieder zugemauert, damit
die Franzosen nicht auch noch die größte Glocke holten.
1592 haben die ander (= die zweite) Schlagglocken machen
lassen
1601 ist das Dächlein ob der vorderen Kirchtüren gebessert und
mit neuen Schiefern bedeckt worden.
Jan 1606 ist die Bohrkirchen auffgeschlagen worden
1611 im Herbst die Kirche gedecket worden.
1617 Arbeiten an den Uhrzeigern am Kirchturm
1619 ist der Turm oder Gefängnis oder Betzenkammern
gemacht worden.
1619 ist der Taufstein in der Kirche gemacht worden.
1674 wurde die gesamte Einrichtung der Kirche geraubt und der
zinnerne Taufeinsatz herausgerissen. Er wurde 1678
wieder eingesetzt.
1624 ist das kleine Glöcklein gemacht worden.
1649 ist der Kirchturm durch den Schieferdecker von Speyer
gedeckt und ausgebessert worden.
1657 Abbruch und Wiederaufbau des Schnecken (Wendeltreppe)
an der Kirch.
1663 der Pfarrer läßt einen Beichtstuhl aufstellen.
1670 Erneuerung des Kirchturmhahns und Erneuerung
des Kirchendachs auf Kosten des Domkapitels
1673 Instandsetzung des Kirchendachs.
1678 ein neuer Opferstock
Der barocke Neubau
Das Domkapitel von Speyer hatte die Baupflicht für den
Neubau der Kirche und für das Pfarrhaus. Es ist bezeichnend,
daß das Rhodter Pfarrhaus vom domkapitalarischen Baumeister
Johann Georg Hotter errichtet wurden. Hotter hatte im Auftrag
des Speyerer Domkapitels 1755 im Gebiet der Grafen von
Degenfeld Schomburg die Kirche von Freisbach errichtet, die in
enger Nachfolge von Rhodt unter Rietburg steht.
Der in Rhodt ab 1719 errichtete Kirchenbau vertritt einen
Typus, der in der reinsten Form in der Dreifaltigkeitskirche von
Speyer wiederkehrt. Diese ihrerseits geht auf die
Katharinenkirche in Frankfurt am Main zurück, die 1678 bis
1680 entstanden ist". Wir müssen also diesem Bautypus näher
nachgehen und die Archivalien befragen, was sie über den Bau in
Rhodt aussagen und wie Querverbindungen vor allem
zum Umkreis der Dreifaltigkeitskirche in Speyer zu ziehen sind.
Nach Peter Poscharsky ist bei diesem Bautypus der
Kirchengrundriß ein polygonal und halbrund geschlossener Saal.
Die Kanzel erhebt sich vor der Südwand, etwas von der Mitte
zur Ostseite verschoben. Die Emporen ordnen den Raum auf
drei Seiten zur Kanzel hin. Nur die südliche Längswand mit der
Kanzel selbst bleibt frei.
Bei diesem Typus steht die Orgel in der Regel in der
Längsachse. Dabei hat der Altar öfters ein Retabel und wird
dreiseitig von einem Geländer umschlossen. Auf die Bebilderung
der Emporen wird in einem eigenen Abschnitt einzugehen sein.
Die Aussage der Archivalien zum barocken Kirchenbau
Im Badischen Generallandesarchiv in Karlsruhe wird in der
Protokollsammlung des Speyerer Domkapitels unterm 29. Mai
1720 auf die Kirchenerweiterung in Rhodt eingegangen. S. 414:
am 2. Oktober 1719 sei in Speyer die Konferenz fruchtlos
abgelaufen und die strittigen Patronatsrechte auf einen neuen
Termin verschoben worden. S. 424 heißt es: Zum anderen seye
die Kirche in solch zustandt annoch, wo nicht abgehen that,
drittens mit wenigen Reparationen. Zur neuem Bau sei das
Domkapitel nicht eher verpflichtet als andere durch Unglück,
Brandt.... Demnächst der meister michel Kretz hießiger
Maurermeister vernommen worden als weilen er solchen
Kirchenbau übernehmen, wie viel weiter und wie viel größer
solches Werk werden solle. welcher dagegen einen Abriß
vorgezeiget und dargetan, daß solche ad 20 Schuhe breiter und
ad 6 Schuhe länger und dermahlen ad 80 Schuh lang und
vierzig sechs breith weren. Hier wird der Maurermeister Kretz
erwähnt.
Noch aufschlußreicher ist ein Aktenstück aus dem
Landeskirchenarchiv in Speyer. Hier heißt es: "lm Nahmen Ihrer
Hochfürstlichen Dhht. Unseres gnädigsten Herrns, wird dero
Amtmann Johann Jacob Burckhardt Hugo, und Pfarrer
Friedrich Jacob Jäger zu Rhod unter rippur hiermit specialiter
befahlen, daß die den Statt Speyerischen Bauverwalter Christian
Datban um den wegen geführten Kirchenbaues zu ersagtem
rhod noch zu fürderen habenden Außstand, wann uorhero
berührter Dathan dieses Kirchenbaues halben, zu künftiger
Sicherstellung die erforderliche und genügsame Caution behörig
geleistet haben wird, dahin beförderlich senn sollen, damit
demselben der berührte Außstand an denen aufgewendeten
Baukösten durch die Kirchenvorsteher, nach solche geleisteter
hinlänglicher Caution ohne längeren Anstand bezahlt und
außgefolget werde. Decretum Carlsruhe in Sons: Secret.: den
10ten Februar 1722.
Hochfürstlich markgraf Baden Durlachl: Geheime Räthe
DVSAndré, B. W. Malory
Der Statt Speyerische Bauverwalter Christian Dathan ist uns
durch den Inventarband von Bernh. Hermann Röttger
wohlbekannt. An der von dem kurpfälzischen Baumeister
Johann Peter Graber geplanten Dreifaltigkeitskirche übernahm
1710 der aus Frankfurt an der Oder stammende Tischlermeister
und Zimmermann Christian Dathan die Bauleitung.
Am 24. Oktober 1711 wurde zwischen dem städtischen Bauamt
in Speyer und dem Bauschaffner Christian Dathan ein Kontrakt
abgeschlossen, in dem Dathan verspricht,"die Neu erbaute
Evangelisch Lutterische Kirche in Jahresfrist mit einem
Creutzgewölb von Bortten zu versehen, alle materiallia als
Holtz, Bort, Eisenwerckh.... anzuschaffen, ... solches in der
Mitten durch von einem Kunstmahler mit biblischen Historien,
neben aber mit Laubwerk bemalen zulassen..". Am 21.
November 1711 wurde Dathan gestattet, nach Frankfurt a. M.
zu reisen und das Gewölbe in der Katharinenkirche zu besichtigen.
Christian Dathan tritt uns hier als Bauunternehmer entgegen und
studiert eingehend das Vorbild für Speyer, die Frankfurter
Katharinenkirche. Sein handwerkliches Können wird ebenfalls
aus den Angaben Röttgers deutlich: Das Zimmerwerk der
unteren Empore und der oberen Chorempore hat 1704 der
Bauschaffner Johann Philipp Danner erstellt. Ende Juli 1704
wurde die Empore aufgeschlagen. Schon im Juni war mit
Christian Dathan vereinbart worden, daß er die untere Empore
in Chor und Langhaus und die obere Empore im Chor mit
Füllungen verkleide, die Gitter und den Erker an der oberen
Chorempore fertige, außerdem die Gesimse der Emporen.
Der Altar in der Dreifaltigkeitskirche ist 1703 bis 1706 nach
einem Entwurf von Christian Dathan geschaffen worden. Wegen
der Orgel wurde am 6. November 1715 mit ihm ein Vertrag
abgeschlossen, worin er verspricht, das Gehäuse zu der mit
Herrn Will, dem Orgelmacher zu Mainz, verakkordierten neuen
Orgel aus Eichenholz zu verfertigen. Die Kanzel wurde
Christian Dathan 1703 verdingt. Für die Friedhofkapelle in
Speyer wurde ihm 1699 die Lieferung von Altar und Gestühl
übertragen. Bis zur Einweihung der Dreifaltigkeitskirche 1717
war die Friedhofskirche die einzige lutherische Kirche in Speyer.
1716 soll "der Bauschaffner", d. i. damals Christian Datban,
zwei Modelle zum Rathausbau in Speyer verfertigt haben. Im
Sommer 1719 wurde ferner der "Grundt Riss Der statt speyer"
von J. C. Froimont und Christian Dathan verfertigt, der sich im
Stadtarchiv Speyer befindet.
An den Füßen der Pilaster am Außenbau der Kirche in Rhodt
finden wir die Steinmetzzeichen H und K.
Die Katharinenkirche in Frankfurt und ihre Nachfolge
Bei der Dreifaltigkeitskirche in Speyer wie bei dem
Kirchenneubau in Rhodt spielte also Christian Dathan eine
entscheidende Rolle. Da Dathan eingehend die Katharinenkirche
in Frankfurt als den Vorbildtyp dieser Kirchengruppe studierte,
sei auch hier etwas breiter auf diese sehr wichtige Kirche
eingegangen, die bereits alle Elemente der Speyerer
Dreifaltigkeitskirche und der Kirche von Rhodt unter Rietburg
aufweist. Feulner hat die protestantische Hauptkirche der
Frankfurter Altstadt im Vorkriegszustand beschriebenzt.
Hiernach hat die im 2. Weltkrieg zerstörte Katharinenkirche,
erbaut von Melchior Heßler 1678-81 als eine der frühesten
selbständigen Leistungen des Protestantischen Kirchenbaus
schon zur Entstehungszeit Berühmtheit erlangt. Zielpunkt der
beherrschenden Längsachse ist der Choraltar. Geistiger
Mittelpunkt ist die Kanzel in der Mitte des Langhauses. Die
Bildhauerarbeiten am Hochaltar, an der Kanzel und an einigen
Epitaphien stammen von dem Frankfurter Johann Wolfgang
Fröhlicher. H. Voelcker geht auf das religiöse Leben in Frankfurt
ein. Seit 1624 war die lutherische Konfession die herrschende
und blieb es nach den Bestimmungen des Westfälischen Friedens
von 1648. 1666 bis 1686 wirkt in Frankfurt Jacob Spener. Er
wollte innerhalb der Kirche die Bedrängten in engere persönliche
Fühlung mit ihrem Schöpfer bringen und die Gläubigen durch
Betätigung der Liebe, Versöhnlichkeit und Werke der
Uneigennützigkeit einander näher bringen. Er wollte die Kirche
volkstümlicher gestalten. So sind auch die Bilder der
Katharinenkirche und in Verwandtschaft mit ihnen die
Bildergegenüberstellungen aus dem Alten und Neuen Testament
mit den belehrenden Texten in der Speyerer Dreifaltigkeitskirche
aus diesem Anliegen heraus geschaffen, den Gläubigen
das Alte und Neue Testament nähezubringen.
Eng mit der Katharinenkirche in Frankfurt und mit der
Dreifaltigkeitskirche in Speyer ist die ebenfalls im 2. Weltkrieg
ausgebrannte Dreifaltigkeitskirche in Worms verwandt. Am 31.
Juli 1709 wurde der Grundstein zu dieser Kirche gelegt. Nach
16jähriger Bauzeit wurde sie am 31. Juli 1725 eingeweiht. Zur
Zeit der Zerstörung der Städte Worms und Speyer am 31. Mai
1689 hatten ein Teil der Ratsmitglieder in Frankfurt Zuflucht
gesucht. In Frankfurt verfaßte Johann Friedrich Seidenbänder
eine Denkschrift zur Wiedererrichtung der Stadt Worms. Nach
seinen Vorstellungen soll eine evangelische Kirche gebaut
werden, in der alles auf das Wort gestellet ist, in der eine
zahlreiche Gemeinde Platz finden und den Prediger
"vergnüglich" sehen und hören kann. Doch schwebte ihm
zuerst eine Lösung in der Art der Freudenstadter Kirche vor, wo
Männer und Frauen in den Kirchenschiffen getrennt saßen.
Anfangs 1708, 10 Jahre nach der Rückkehr aus dem Exil wurde
der Kirchenbauausschuß gewählt. Zunächst wurde ein
Baumeister aus Zweibrücken eingeladen, der einen Plan für die
Kirche entwerfen sollte. Dieser scheint nicht nach Worms
gekommen zu sein. Man wandte sich an den Werkmeister
Manterscheidt von Bergzabern. Dieser schickte einen Riß ein,
der den Beifall des Rates nicht fand. Er wurde dem Kapitän-
Ingenieur Villiancourt aus Frankenthal zur Begutachtung
vorgelegt. Am 8. Februar wurde ein von Villiancourt selbst
aufgestellter Kostenanschlag mit Riß angenommen. Da die
Wormser Dreifaltigkeitskirche der Speyerer sehr verwandt ist
und der Bauplan dem kurpfälzischen Kapitän-Ingenieur
Villiancourt immer zugewiesen wird, mögen diese etwas
ausführlicheren Erörterungen das Umfeld abstecken, daß auch
Baumeister aus dem Zweibrücker Gebiet, wo ja die Karlskirche
der bedeutendste lutherische Neubau werden sollte, hier
Anregungen gaben. Ingenieur Villiancourt wird nämlich ab 1709
nicht mehr erwähnt. Die Wormser Kirche war nicht freistehend
gedacht, sondern sollte von zwei Seitengebäuden eingefaßt
werden, wovon das eine das Rathaus bilden sollte.
Für den Altar und die Kanzel wurde ein Italiener
gewonnen. Beide wurden aus Marmor hergestellt. Durch einen
Vertrag vom 30. Januar 1725 hatte sich der Maler Martin
Seekatz verpflichtet, die Emporen mit Malereien zu versehen.
An Pfingsten 1726 wurde die Kirche eingeweiht. Im Februar
1727 schloß der Magistrat einen Vertrag mit dem Italiener Peter
Franz Georgioli, der den Altar herstellen sollte. Die
Holzschnitzereien und die Figuren schuf der einheimische
Bildhauer Johannes Maucher. Die Orgel wurde dem Frankfurter
Johann Mayer übertragen. Soweit die Daten der Wormser
Dreifaltigkeitskirche. Aber auch im Herzogtum Württemberg
fand die Gruppe um die Dreifaltigkeitskirche in Speyer Nachahmung.
Werner Fleischhauer hat darauf hingewiesen, daß die
Reformierte Kirche in Ludwigsburg an die Dreifaltigkeitskirche
in Speyer erinnerte. Die Grundsteinlegung erfolgte 1721. Der
Bau wurde nach einem Plan von Paolo Retti begonnen. Der
Speyerer Bauschaffner und Tischler Christian Dathan, der ja
auch für die Kirche in Rhodt federführend ist, hat 1720 ein
Modell der Speyerer Dreifaltigkeitskirche für die Stadtkirche
nach Ludwigsburg gesandt. Dem Herzog hatte dieses Modell aber mißfallen.
Reinhold Wex geht auf die Bestuhlung der protestantischen
Kirchen ein. Er referiert dabei auch die Emporen- und
Deckenmalereien. Das Programm der Emporen- und
Deckengemälde sei pietistisch beeinflußt. Dieser Einfluß ist um
so wahrscheinlicher, als die Speyerer Kirche sich in Bau und
Ausstattung die Frankfurter Katharinenkirche zum Vorbild
nahm, in der der "Erzpietist Jacob Spener zwischen 1666 und
1685 Hauptpastor war". Vermutlich hat er das Programm und
die Anordnung der Emporen- und Deckengemälde für die
Frankfurter Katharinenkirche erstellt. Wie in Frankfurt, so sind
in Speyer und in Rhodt unter Rietburg die Illustrationen
Merians zur Bibel und solche aus Arndts "Paradiesgärtlein" nachweisbar.
Das System der divergierenden Achsen, das heißt, daß an einer
Schmalwand der Altar und an der Längswand die Kanzel die
Zentren des Gotteshauses bilden, hielt sich am längsten in den
Bürgerkirchen und in den vom Landesherrn für die Bürger
errichteten Kirchen. Als Beispiele sind die Bückeburger
Stadtkirche, die alte 1648 begonnene Hamburger
Michaeliskirche, die dem großen Barockbau weichen mußte, zu
nennen. Eine ganz besondere Gruppe bilden da die Kirchen, die
in der Nachfolge der Johanniskirche zu Hanau stehen wie die
Providenzkirche in Heidelberg 1659-1661, die Katharinenkirche
in Frankfurt 16781681, die Dreifaltigkeitskirche in Speyer 1701-
1717 und die Dreifaltigkeitskirche in Worms 1709-1725. Dazu
gehört auch die evangelische Kirche von Rhodt. In Augsburg
sind die evangelische Kirche St. Anna, die Barfüßerkirche und
die evangelische St. Ulrichskirche nach dem Prinzip der
divergierenden Achsen gegliedert.
Die Gestaltung der Emporen
Schon in der Heiligkreuzkirche in Augsburg waren in gut
lutherischer Weise die Szenen des Alten und Neuen
Testamentes gegenübergestellt. Diese dienten als Erfüllung der
vorgenannten. Diese Anordnung wird vor allem in den Kirchen
getroffen, die von der Frankfurter Katharinenkirche abhängig
sind: Dort korrespondiert der Szene des Alten Testaments an
der oberen Empore die entsprechende Szene des Neuen
Testamentes unten.
Die Obrigkeit nimmt in diesen Kirchen den Platz (auf der
Empore) gegenüber der Kanzel als auch den Platz im
Chorgestühl ein.
Gegenüber den Stadtkirchen (Frankfurt, Speyer, Worms) stellt
die Ausgestaltung der Kirche von Rhodt eine Vereinfachung dar,
indem die Bilder aus dem Alten Testament zuerst abgehandelt
werden und Über die Verbindung zweier Deckenbilder der
Übergang zum Neuen Testament auf den Emporen geschaffen wird.
Die Auswahl der Bilder in den lutherischen Kirchen entspricht
sich weitgehend. Wir können die Szenen, die in Rhodt gemalt
wurden, entsprechend in Speyer, Worms, Frankfurt
wiederfinden. Diese einheitlichen Vorlagen wurden aus den
Bildern zur Bibel von Matthäus Merian entnommen. Schon
Martin Luther selbst hat für die Ausgestaltung der Bibel eine
neue Wende herbeigeführt. Die ins Deutsche Übertragene Bibel
hat er mit Bildbeigaben versehen. Die von Luther veranstaltete
erste Ausgabe des Neuen Testamentes vom September 1522 ist
mit einem Bilderschmuck von Lukas Cranach d. Ä. versehen.
Jede Bibelausgabe, auch die seit 1523 veröffentlichten Teile des
Alten Testamentes, wurden mit Bildern versehen. Damit stellt
sich Luther bewußt in Gegensatz zu Ulrich Zwingli, der Bilder
für die Belehrung der Gläubigen ablehnt und nur das Wort
Gottes gelten läßt. Für Martin Luther waren die bebilderten
Bibeln ein besonderes Anliegen. Durch die Illustrationen
erhalten die verschiedenen Erzählungen im Alten und Neuen
Testament besondere Bedeutung. Eine weitere Eigentümlichkeit
der lutherischen Bilderbibel ist die Umsetzung der heiligen
Geschichte in die Welt und Zeit des Darstellers. Das in der
heiligen Schrift bezeugte Geschehen soll in die Zeit und Welt
von heute verlegt werden. Die bildliche Darstellung schließt sich
fast immer an die gleichen Bibelstellen an. So bildet sich ein
Grundstock an Bildbeigaben zu bestimmten biblischen Texten
heraus. Seit der letzten Ausgabe von Luther 1545 ist ein fester
Bestand an Bildern unverändert geblieben. Matthaeus Merian
setzt die Traditionen der lutherischen Bilderbibeln fort.
Entscheidend wurde die Ausgabe von 1630 der deutschen Bibel,
die bei dem Verleger und Drucker Lazarus Zetzner in Straßburg
erschienen ist. Diesem Werk lag die Übersetzung Martin
Luthers von 1545 zugrunde. Die Kupferstiche von Matthäus
Merian wurden in den biblischen Text fortlaufend eingefügt.
Damit war die"MerianBibel" entstanden. Hier ist die
Ausrichtung auf die Geschichte bezeichnend.
Die Bilder der Kirche von Rhodt werden entsprechend
Matthäus Merian, Die Bilder zur Bibel, eingeleitet von Peter
Meinhold, Hamburg 1965 aufgeführt.
Wir beginnen im Südosten bei der Kanzel.
1. Erschaffung Evas aus der Rippe des Adam. Gott erscheint im
Tetragramm
Diese Szene ist nicht bei Merian enthalten. Martin Scharfem hat,
gestützt auf die Forschungen uen Adolf Krücke die bildliche
Darstellung Gottraters im Protestantismus skizziert. Martin
Luther selbst scheint keinerlei Bedenken gegen das Greisenbild
Gottvaters gehabt zu haben. Doch es gab auch Gegner
antropomorpher Gottesbilder. So hat bei den verschiedenen
Vorlagen schon ein Einblatt-Holzschnitt des Hans Weiditz von
1529 an Stelle der Greisengestalt das Tetragramm gezeigt. Es
waren wohl täuferisch-antitrinitarische Kreise, in denen dieses
Gottessymbol aufkam. Schweizerische Künstler zeichneten Gott
fortan als Tetragramm oder Lichterscheinung. Bei der
Frankfurter Katharinenkirche erwähnten wir den Pietisten
Philipp Jakob Spener. Er hielt beim Gottesbild die Abstraktion
"von jeglichem körperlichen Concept" für das beste, allenfalls
wollte er noch die Vorstellung vom alten Mann immerhin dulden.
2. Adam und Eva am Baum der Erkenntnis, vgl. Merian, Der
Sündenfall, Abb. S. 24.
3. Die Sintflut ist eine spiegelbildliche Wiedergabe von Merian S.29.
4. Simson mit dem Löwen vgl. Merian S. 90.
5. Jakobs Kampf mit dem Engel, spiegelbildliche Wiedergabe
von Merian S. 47.
6. Jakobs Traum von der Himmelsleiter. Spiegelbildliche
Wiedergabe von Merian S. 45.
7. Die Opferung Isaaks. Spiegelbildlich bei Merian S. 38.
8. David und Goliath. Die in Rhodt gemalte Szene ist nicht bei
Merian wiedergegeben.
9. Jona und der Walfisch. Die angeschnittene Szene ist die
spiegelbildliche Darstellung aus der Bibel von Merian. S. 176.
Jonas Berufung und Flucht vor Gott.
10. Elias fährt mit dem feurigen Wagen gen Himmel und Elisa
sieht ihm nach. Spiegelbildliche Wiedergabe nach Merian S. 130.
11. Ankündigung der Geburt Christi. Spiegelbildliche
Wiedergabe nach Merian S. 196.
12. Die Anbetung der Hirten. Spiegelbildliche Wiedergabe nach
Merian S. 197.
13. Die Weisen aus dem Morgenlande. Spiegelbildlich Merian S. 199.
14. Jesus lehrt im Tempel, nicht bei Merian enthalten.
15. Verklärung Jesu. Spiegelbildlich Merian S. 220.
16. Jesus in Gethsemane. Spiegelbildlich Merian S. 242.
17. Die Verurteilung Jesu. Spiegelbildlich Merian S. 248.
18. Kreuzigung Jesu, nicht von Merian übernommen.
19. Die Auferstehung. Landschaft spiegelbildlich, Jesus
seitengleich nach Merian. Nicht enthalten der Engel, der den
Sargdeckel emporhebt.
20. Himmelfahrt, bei Merian nicht vorhanden.
21. Ausgiessung des hl. Geistes. Spiegelbildlich Merian S. 260.
22. Jüngstes Gericht, nicht bei Merian erhalten.
Alle diese Bilder sind in Öl auf Leinwand gemalt.
Zwischen Verklärung und dem 12jährigen Jesus im Tempel
und Ecce Homo sind die beiden Deckengemälde der Taufe
im Jordan und letztes Abendmahl in die Betrachtung ein-
zubeziehen. Die Bilder von Rhodt haben den verwandten
Bilderzyklus der Protestantischen Kirche in Edenkoben
angeregt, der von Alfred H. Kuby und Clemens Jöckle be-
handelt wurde. Der Bilderzyklus der Dreifaltigkeitskir-
che in Speyer und ihre Meister wurden ausführlich im
"Turmhahn" 1963 gewürdigt. Hier dienten als Bildvorla-
gen die Bilderbibel von Matthäus Merian allein für 20 Bil-
der. Auch hier stehen Kompositionen in spiegelbildlicher
Umkehrung zu Merian. Daneben haben andere Bibelillu-
strationen als Vorlagen gedient: die um 1700 in Augsburg
erschienene Bilderbibel von Johann Ulrich Krauß. Ferner
wurde in Speyer eine in Antwerpen erschienene französi-
sche Bilderbibel mit Illustrationen von Goerre und Pierre
Mortier herangezogen. In Speyer werden als Maler Johann
Christoph Gutbier und der Maler Jahann Georg Danner
aus Mainz genannt. Bei der Decke haben Johann Chri-
stoph Gutbier und Christian Dathan zusammengearbeitet.
Daß Christian Dathan einen Maler aus diesem Kreis für
Rhodt gewann, kann vermutet werden. Dennoch sind in der
Gegenüberstellung der einzelnen Szenen die Bilder der
Speyerer Dreifaltigkeitskirche lebendiger und in den Figu-
renkompositionen gekonnter. H. E. Kubach hat auch für
die Kirche von Freisbach einen entsprechenden Figuren-
zyklus nachweisen können. In die 29 Füllungen wollte
Oberstäg biblische Historien malen. Zur Rhodter Kirche
wurde 1719 der Grundstein gelegt. 1721 war der Bau errichtet.
Neben der Kanzel lesen wir die entsprechende Inschrift:
Ex(s)tructum hoc templum sub insprectione Caroli Wilhelmi de
Zyll(e)nhar(d)t, Jacobi Friederici Jäger. Über den Lehensherrn
Zyllenhardt und den Ortspfarrer Jäger berichtet Pfarrer Kuby
im historischen Teil. Ein von Ludwig Wien angedeuteter
Zusammenhang mit der evangelischen Stadtkirche in Durlach,
die 1689 zerstört wurde und 1698-1700 durch Giovanni Mazza
nach dem Entwurf von Domenico Egidio Rossi errichtet wurde,
ist nicht zu ersehen. Hier handelt es sich um eine dreischiffige
Hallenkirche, die im Mittelschiff über den hohen Säulenarkaden
eine Flachdecke aufweist.
Das Nordportal mit der reichen Rahmung und dem
Allianzwappen des Markgrafen von Baden-Durlach wurde von
Feyock gedeutet:
In der Mitte das Wappen von Baden, oben von links beginnend:
Breisgau, Susenberg, die hintere Grafschaft Sponheim,
Neueberstein, Alteberstein, Badenweiler, Rötteln oder Lörrach,
Lahr, Mahlberg.
Die Grabmäler
In der Kirche im Turmraum und auf dem Kirchhof von Rhodt
befinden sich eine Reihe von Grabmälern, die in der
Aussagekraft ihrer Darstellungen und Symbole zu
Musterbeispielen barocker Emblematik gehören.
H. W. J. Runck erwähnt in seiner "Geschichte Rhodts nebst
besonderen auf dasselbe bezüglichen geschichtlichen
Mitteilungen," Edenkoben 1889, S. 76, daß fünf GrabmäIer wohl erhalten sind:
1. 1705 Johann Philipp Lorenz Caspari + 17. Oktober 1730.
Lit: K. B. Pfalz II, Stadt u. Bez.-Amt Landau, München 1928, S. 312, Nr. 3 Über lorbeergekränztem
Inschriftmedaillon Baldachin mit Draperie, unten
Totenkopf, in den Ecken Engelsköpfchen.
2. Johann Nikola Caspari von Engkirchen in der hinteren
Grafschaft Sponheim, geboren 1663 am 1. Juli, + am 1.
Oktober 1737 im 75. Jahre und seine Frau Anna Maria
Wolffin, welche zu Rhodt unter Rieppurg anno 1670 den 12.
Mai im 62. Lebensjahr verstorben ist.
Vielleicht identisch mit Nummer 10 unseres Verzeichnisses.
3. Herr Pfarrer Johann Michael Caspary, gewesener
treueiffriger Pfarrherr und Seelsorger bey althiesiger Ev.
Iuth. Gemeinde. geb. zu Roth unter Rippurg 8. Oct. 1698, + 13. Aug. 1733.
Lit.: K. B. Pfalz II, Stadt u. Bez. Amt Landau, München 1928, S. 311, Nr. 5.
Die Grabinschrift steht auf einer Draperie, die von Chronos
und Mars gehalten wird. Die rechteckige Umrahmung
enthält die Bibelstelle Matth. 25, 23. Im geschweiften Aufsatz
sind die drei Namenspatrone des Verstorbenen in
Medaillenreliefs dargestellt: St. Johann, St. Michael und St. Kaspar.
4. Herr Heinrich Wilhelm Söhne, 33 Jahre treueifriger Pfarrer
der evg. lutherischen Gemeinde zu Rhodt, geb. Nußdorf 30. Nov. 1689, + 21. Jan. 1767.
Lit: K. B. Pfalz II Stadt und Bez. Amt Landau, München
1928, S. 311, Nr. 4. Über der lorbeerumrahmten
Grabinschrift Relief des Guten Hirten, in den Ecken
Flammenwerk, unten Totenkopf, Aufsatz mit geschweiftem
Giebel über Voluten.
5. Johann Jakob Burckhardt Huco, Praefekt der Fürsten von
Baden-Durlach, geb. 26. Febr. 1685, + 13. Dez. 1758.
Lit: K. B. Pfalz II, Stadt u. Bez. Amt Landau, München
1928, S. 310, Nr. 3. Epitaph mit zwei Pilastern und
Segmentgiebelabschluß. Darin Wappen des Verstorbenen.
Im Kunstdenkmalerband werden folgende Grabsteine
noch als im Boden befindlich bezeichnet, die heute zum
Teil noch an Ort und Stelle sind, zum Teil aber auch im
Turm aufbewahrt werden:
6. Grabstein des Frühmessers Jakob Bopfinger von
Lambsheim, gestorben 1480. Im Mittelfeld ist ein Kelch eingeritzt.
Lit: K B. Pfalz II, Stadt und Bez. Amt Landau, München 1928, S. 310, Nr. 1
7. Grabstein des 17. Jahrhunderts mit dem Wappen de Reichsfreiherren von Zyllnhard.
Lit: K. B. Pfalz II, Stadt und Bez. Amt Landau, München 1928, S. 310, Nr. 2.
8. Sandsteinplatte für den Handelsmann Peter Flach (gest. 5. Nov. 1597)
Lit: K. B. Pfalz II, Stadt und Bez. Amt Landau, München 1928, S. 311, Nr. 6.
9. Rotsandsteinplatte für einen am 30. Okt. 1694 gestorbenen Geistlichen mit Kelch im Mittelfeld.
Lit.: K. B. Pfalz II, Stadt und Bez. Amt Landau, München 1928, S. 311, 1.
10. Epitaph mit gezierten Pilastern und geschweiftem Giebel, 18. Jahrhundert. Schrift unleserlich.
Lit: K. B. Pfalz II, Stadt und Bez. Amt Landau, München 1928, S. 312, Nr. 2.
Die Ausstattung der Kirche
Nicht nur die Anlage der Emporen und die Stellung der Kanzel
und des Altares, auch die Art des Aufbaues und die
Schnitzereien sind in der Katharinenkirche in Frankfurt, in der
Dreifaltigkeitskirche in Speyer (1703 verdingt an
Schreinermeister Christian Dathan, Drechslerarbeiten Johann
Georg Roschgy, Bildhauerarbeiten Christoph Gage) vorbereitet
und werden in Rhodt vor allem in enger Anlehnung an die
Speyerer Dreifaltigkeitskirche durchgeführt.
Der Altar in Rhodt besteht aus einem Altartisch, der von einer
hölzernen Umfassung mit geschnitzten Schleierbrettern gerahmt
ist. Das breite Retabel wird von hintereinander gestaffelten
durchbrochen gearbeiteten gewundenen Säulen gerahmt. Reiche
Akanthusranken, geschnitzt nach Stichvorlagen, rahmen den
Aufbau.
Die inneren Säulen tragen Segmentbogengiebel, auf denen Putti
sitzen, die Girlanden mit Blumen und Tüchern halten. Die Mitte
betonen zwei Cherubsköpfchen. Über dem Segmentbogen steht
ein Kreuz mit dem Gekreuzigten. Zu dessen Füßen kennzeichnet
ein Totenkopf mit zwei gekreuzten Beinen die Stelle des Grabes
von Adam, der von der Erbsünde durch den Kreuzestot Christi entsühnt wurde.
Das Gemälde mit der Auferstehung Christi ist ein Werk des
Malers Adolf Kessler (geb. 16. Mai 1890 in Godramstein,
gest 8. Okt. 1974 Landau).
Sieghaft strahlend steht Christus als junger Held mit
emporgestreckten Armen in einer Lichtglorie. Unten stürzen
geblendet die Wächter nieder. Das Werk ist in der Nachfolge der
beiden Bilder in der protestantischen Kirche in Godramstein, die
Kessler 1933/34 gemalt hatte. Auch hier wird Christus in einer
Art Siegfriedgestalt dargestellt. Die kirchlichen Themen bei
Kessler stehen noch stark unter den Eindrücken, die er bei der
Mitarbeit an der 1932 von Max Slevogt gemalten Golgothaszene
in der Friedenskirche in Ludwigshafen empfangen hat. 1937/38
folgen die Fresken im Hohenstaufensaal in Annweiler, die den
Ruf Kesslers als Fresken- und Historienmaler begründeten. Als
spätes kirchliches Werk entstand 1960 ein Fresko in der
katholischen Kirche von Offenbach an der Queich.
Die Kanzel
Bekrönt wird der Schalldeckel der Kanzel in Rhodt von dem
Nest mit dem Pelikan, der sich vorn in die Brust pickt. Die
Darstellung ist dem Lehrbuch Physiologus entnommen: Das
Blut der Mutter erweckt die Jungen zu neuem Leben. Auf das
Rückenbrett der Kanzel hinter dem Prediger ist Christus gemalt.
Zu ihm hin fahren die Aposteldarstellungen am Aufgang, die
Andreas, Petrus, Paulus, Bartholomäus u. ? mit Buch zeigen.
Den sechs Aposteln am Aufgang entsprechen die vier
Evangelisten am Korb: Matthäus mit dem Engel, Markus mit
Löwen, Lukas mit Stier und Johannes mit dem Adler.
Peter Poscharsky hat sich eingehend mit den freistehenden, im
Barock entstandenen lutherischen Kanzeln beschäftigt. Als
Hauptrepräsentant der Gruppe großer Stadtkirchen, die ihren
Innenraum von den alten Standorten von Altar und Kanzel
gestalteten, bezeichnet er die uns vertraute Katharinenkirche in
Frankfurt am Main, der die Dreifaltigkeitskirchen in Speyer und
Worms folgten. "Bei diesem Typ befindet sich die Kanzel an der
Südseite, von der Mitte aus dem Altar etwas genähert. Die
Kanzel hat ihre Entsprechung in der Emporenführung: eine
breite Westempore setzt sich an der Nordwand fort, umgreift im
Osten den Altar und fahrt bis zum Beginn der Südwand, wo der
Ansatz des polygonalen Abschlusses hinter dem Altar an die
gerade Wand grenzt. Die Orgel befindet sich über dem Altar."
Die Felder am Kanzelkorpus sind in Frankfurt mit Sprüchen
gefüllt. Auch in der Dreifaltigkeitskirche in Speyer sind keine
figürlichen Malereien anzutreffen.
Das Gestühl
In der Kirche von Rhodt ist noch die alte Bankanordnung
erhalten. Die Stellung des Herrschaftsstuhles und die Verteilung
der Plätze in der Kirche verdienen besondere Beachtung. Der
Fürstenstuhl und seine Beziehung zu Kanzel und Altar ist das
zu lösende Problem. Hier in Rhodt wird Mitte des 19.
Jahrhunderts durch den Kirchenstuhl der Königin Therese von
Bayern nochmals die Stellung des Herrschaftsstuhles zu Kanzel
und Altar aufgegriffen. Sehr schön haben sich hinter dem Altar
in Rhodt Gestühle mit Fächern für Gebetbücher für die
bessergestellten Bewohner des Ortes Rhodt erhaltend
Der Kirchenstuhl der Königin Therese
Am 6. Juli 1852 bezog König Ludwig I. von Bayern den
Landsitz "Villa Ludwigshöhe" mit seiner Gemahlin Therese, die
aus dem Hause Sachsen-Hildburghausen stammte und
evangelisch war. Alle 14 Tage besuchte sie den Gottesdienst in
Rhodt. Runck schildert, daß Teppiche gelegt
wurden von der Hofkutsche bis in die Kirche, bis in ihren Stuhl
gegenüber der Kanzel, der herrlich dekoriert war mit weißblau-
seidenen Draperien. Hier stehen ein halbes Dutzend
blausamtener gepolsterter Stühle. Der Sessel mit der Initiale T
und der Königskrone darüber ist mit den anderen Stühlen
erhalten geblieben. Die Stühle durften in der Edenkobener
Möbelfabrik Niederhofer gefertigt worden sein, die auch die
Ausstattung für die Villa Ludwigshöhe lieferte.
Das 19. Jahrhundert
Ein Schild mit der Aufschrift: " Gestiftet durch freiwillige
Verzichtleistung der hiesigen Bürger auf Ihre Antheile an den
zurückbezahlten Verpflegungskosten der Deutschen Truppen
während des glorreichen Krieges der Jahre 1870/71 zum
dankbaren Andenken. Aufgestellt im März 1873. Deutschland
Hoch. Montirt von Joh. Schmidt, Kaiserslautern" erinnert an
den Krieg 1870/71 zwischen Frankreich und dem Deutschen
Reich. Besonders eindrucksvoll steht in der Turmhalle der
auferstandene Christus nach dem Vorbild des Dänen Berthel
Thorvaldsen. 1821 hat Thorvaldsen seinen Christus für die
Frauenkirche in Kopenhagen geschaffen. Er hat damit das
Gottesbild des 19. Jahrhunderts weithin geprägt. Neu war die
Geste des sich Öffnens, des Willkommenheißens, wobei
Christus das Antlitz uns zuneigt.
In dem Ausstellungskatalog " Die Welt des Biedermeier 1815-1835"
München 1989 wird von Georg Himmelheber die große
Bedeutung dieses Thorvaldsenschen Christus hervorgehoben,
der bis in die Wohnungen und in den Schlafzimmern in kleinen
Nachbildungen aufgestellt wurde. Auch hier also ein
bedeutsames Stück Religionsgeschichte des 19. Jahrhunderts!
So mag uns die Kirche von Rhodt eine Anregung sein, den
Glauben unserer Vorfahren und ihre Zeugnisse zu bewahren,
aber auch in uns zu vertiefen durch immer eingehenderes Studium.