Das Pelikan-Symbol in unseren Kirchen
Von Alfred H. Kuby
Als in der Mitte des 18. Jahrhunderts der Neubau einer reformierten Kirche für Meckenheim zu planen war, da gehörte das Bild eines Pelikans (wie man sich diesen Vogel fern von südlichen Gefilden vorstellte) und seiner Jungen fast selbstverständlich zur Ausstattung der Kirche, und zwar auf dem Schalldeckel der Kanzel.
Auch in der 1739/40 von Johann Georg Kuntzelmann (auch: Cuntzelmann) erbauten großen Saalkirche von Edenkoben durfte dieses Symbol nicht fehlen, wie aus den beigefügten Aufnahmen zu ersehen.
Dazu heißt es in "1200 Jahre Edenkoben":
"Die schöne Kanzel mit dem symbolischen Bild des sich für seine Jungen opfernden Pelikans wurde in Durlach gefertigt und von den aus Weilburg stammenden Gebrüdern Niederhöfer aufgestellt. "
Der Hinweis auf das (angebliche) Selbstopfer des Pelikans ist wesentlich. Denn als Kinder hörten wir eine sehr verkürzte Deutung: der Pelikan picke sich selbst in die Brust und ernähre mit seinem Blut seine Jungen.
Das ist nun gewiß nicht einfach falsch, aber die Geschichte ist komplizierter und tiefgründiger.
Im Mittelalter war ein Buch mit dem Titel "Physiologus" (was man mit "Der Naturkenner" übersetzen kann) weit verbreitet. Vorstellungen des Altertums, frühmittelalterliche Fabeln und biblische Symbalik waren hier gesammelt und galten den Lesern als "wissenschaftlich" und glaubhaft.
Wir wollen unsere Leser nun nicht mit alt- oder mittelhochdeutschen oder gar mit griechischen Zitaten plagen, sondern ihnen den entscheidenden Abschnitt aus der zuverlässigen Übersetzung unseres Pfälzer Landsmannes, Professor Otto Seel, vorstellen:
" Vom Pelikan. Der selige Prophet David sagt in seinem Psalter: Ich bin gleich einem Pelikan in der Wüste. Der Physiologus hat von dem Pelikan gesagt, er gehe völlig auf in der Liebe zu seinen Kindern. Wenn er die Jungen hervorgebracht hat, dann picken diese, sobald sie nur ein wenig zunehmen, ihren Eltern ins Gesicht. Dich Eltern aber hacken zurück und töten sie. Nachher jedoch tut es ihnen leid. Drei Tage lang trauem sie dann um die Kinder, die sie getötet haben. Nach dem dritten Tag aber geht ihre Mutter hin und reißt sich selber die Flanke auf, und ihr Blut tropft auf die toten Leiber der Jungen und erweckt sie.
So auch spricht unser Herr im Buche des Propheten Jesaia: Ich habe Kinder aufgezogen und erhöht; Und sie sind von mir abgefallen. . . " Der Ungehorsam der Menschen war wie ein Schlag ins Gesicht des Schöpfers. Damit hatten sie den Tod verdient (Genesis 2,17) Aber Gott gereut dies Gericht (Exodus 32,14) und das Blut seines Sohnes schenkt den Todverfallenen neues Leben!
Daß dabei in der Pelikangeschichte auch an die Mütterlichkeit Gottes (Jemand 66,13) erinnert wird, mag uns Heutige noch besonders anrühren. Seit dem 12. Jahrhundert wird das Pelikan-Motiv in der kirchlichen Kunst dargestellt, und im 13. Jahrhundert betet Thomas von Aquin: "Laß, Jesu, Herr und Heiland, teurer Pelikan, von deinem Blut mich Sünder Reinigung empfahn."
Das pfälzische Städtchen Billigheim führte schon im 16. Jahrhundert dies Motiv in seinem Siegel und wurde im 17. und 18. Jahrhundert in Kreisen deutscher Hugenotten meist "Pelikam" geschrieben. In jener Zeit scheint die Bedeutung der Darstellung noch als allgemein bekannt vorausgesetzt worden zu sein. Wir finden sie in katholischen, lutherischen und reformierten Kirchen. Bei Gelegenheit einer Kirchenführung in Edenkoben sagte mir der orthodoxe Erzbischof von Kursk, daß dieses Symbol auch in der Orthodoxie bekannt sei. Wir haben heute andere und zuverlässige Kenntnisse und Anschauung von Leben der Pelikane und ihrer Jungen. Trotzdem kann uns die alte Fabel neu erinnern an das, was Gott durch Jesus für uns getan hat. Daß wir ihm neues Leben verdanken.

Anmerkungen
1 Der Turmhahn Heft 516-1976, S. 1f
2 Vgl. Der Turmhahn Heft 112-1995, S. 4; den Beleg für die Edenkobener Tätigkeit des Werkmeisters Kuntzelmann fand Richard Hummel im Landesarchiv Speyer: A 2, 914,1-3
3 Hrsg. Alfred H. Kuby, Mannheim 1969; dort S.152
4 Dimitris Kaimakis (Hrsg.): "Der Physiologus nach der ersten Redaktion", Meisenheim 1974; dort S. 16f: [peri pelekanou] Friedrich Maurer (Hrsg.): "Der altdeutsche Physiologus. Die Millstätter Beinfassung und die Wiener Prosa", Tübingen 1967; dort S. 57-59 "Der Pelikan"
5 "Der Physiologus - übersetzt und erläutert von Otto Seel", Zürich und München 1960, 4. Aufl.1983, dort S. 6f.
6 Heinrich und Margarethe Schmidt: Die vergessene Bildersprache christlicher Kunst", 2. Aufl. München 1982, S. 93f. Die Kenntnis und den Besitz dieses schönen Buches verdanke ich meiner verstorbenen Mitarbeiterin, Frau Marianne Bühl
7 Albert Schwarz "Die Stadtwerdung Billigheims" in Pfälzer Heimat 1996, hier S. 42 und S. 45

Aus dem "Physiologus" - einem Buch mittelalterlicher Symbolik:
Vom Pelikan

Schön sagt David: «Ich bin gleich dem Pelikan in der Wüste.»

Der Physiologus sagt vom Pelikan, daß er von Natur aus sehr kinderlieb ist. Wenn er die Jungen geboren hat und sie ein wenig heranwachsen, schlagen sie den Eltern ins Gesicht. Die Eltern züchtigen die Kinder und töten sie. Später bereuen die Eltern das und betrauern die Kinder, die sie getötet haben. Am dritten Tage reißt sich die Mutter die Brust auf; das Blut tropft auf die Leichen der Jungen und weckt sie wieder.

So sagt auch der Herr im Jesajabuch: «Söhne habe ich aufgezogen und sie erhöht, und sie sind von mir abgefallen.» Der Schöpfer hat uns zu Herren der gesamten Schöpfung auferzogen, und wir haben ihn geschlagen. Auf welche Weise haben wir ihn geschlagen? wir haben der Schöpfung mehr gedient als dem Schöpfer

Als er an das Holz des Kreuzes hinaufgegangen war, hat der Heiland seine Seiten geöffnet und hat Blut und Wasser zur Rettung und zum ewigen Leben vergossen, Das Blut durch den, der sagt: Er nahm den Kelch und dankte; das Wasser dient zur Taufe der Buße.

Schön spricht der Physiologus über den Pelikan.

Pelikan

Die zweite Eigenart des Pelikans. Es sagt David: «Ich bin gleich dem Pelikan in der Einöde.» Dieser Pelikan ist ein Vogel, die Schlange ist seinen Jungen sehr feind. Was macht nun der Pelikan? Er befestigt sein Nest in der Höhe und macht darum einen Zaun von allen Seiten wegen der Schlange. Was tut nun die hinterlistige Schlange? Sie beobachten von allen Seiten, woher der Wind weht, und von da her bläst sie den Jungen ihr Gift zu und sie sterben sofort. Da kommt der Pelikan und sieht, daß seine Kinder tot sind und er sieht eine Wolke und fliegt in die Höhe. Mit seinen Flügeln schlägt er seine Seiten, und das Blut fließt heraus, und durch die Wolke hindurch tropft das Blut auf seine Kinder, und sie werden zum Leben erweckt.

Es wird nun der Pelikan dem Herren verglichen, seine Kinder aber sind Adam und Eva und unser Geschlecht; sein Nest ist das Paradies, und die Schlange ist der abgefallene Teufel. Denn es hat die erzböse Schlange die Erstgeborenen wegen des Ungehorsams angehaucht, und sie sind in ihrer Sünde gestorben. Unser Herr und Gott, aus Liebe zu uns an dem teuren Kreuz erhöht und in die Seite gestochen durch die Wolke des Heiligen Geistes, hat uns das ewige Leben geschenkt.

Schön spricht der Physiologus über den Pelikan.



Vor dem Altar liegen mehrere Grabsteine, deren Inschriften aber nicht mehr leserlich sind. Auf einem Epitaph ist ein Kelch zu sehen, vermutlich das Grab eines Priesters aus der kath. Zeit. Bei den Ausschachtungsarbeiten für die Heizung wurden allerdings auch Skelette gefunden, die von dem Zyllenhardtgeschlecht stammen, wie es in den Kirchenbüchern angegeben ist. Beeindruckend auf die Männer, die bei dem Ausschachten geholfen haben, war der Fund eines Kindersarges, in dem die Leiche eines 4jährigen Kindes mit schönen blonden Locken und einem noch gut erhaltenen Kleidchen lag. Beim Nachforschen im Kirchenbuch wurde folgender Eintrag gefunden: "4. Febr. 1665 ist hier bestattet worden und zwar in der Kirche allhier Friedrich Maximilian ein adeliges Söhnlein von 4 Jahren, Zyllenhardtischen Geblüt und Stammes, mittwochs den 1. Febr. morgens um drei Uhr sanft und selig entschlafen" Aus Pfr. R. Weiß-1972- in : 1200 Jahre Rhodt unter Rietburg, S. 43 f.

Aus Pfarrer Runck`s Chronik zu Rhodt:
Die Grabsteine der Pfarrer Caspary und Söhne und des Amtmann Hugo
(seit 1989 im Innern des Kirchturms aufbewahrt

Runck zu Grabsteinen in und um Kirche
Runck zu Grabsteinen in und um Kirche

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